In seinen beeindruckend kunstfertig gemalten Bildwelten
vereinen sich Symbolik und Stile vergangener kunstgeschichtlicher
Epochen mit literarischen Motiven sowie Zitaten und
Elementen aus der zeitgenössischen Kunst
einschließlich Film und Musik zu einer
neuartigen Sicht auf die von stetigem Wandel geprägte
Wirklichkeit. Die ganz eigene Bildsprache, in der Czapla
seine Beobachtungen und Deutungen realisiert, vermag
gleichermaßen zu faszinieren wie zu irritieren.
So verführen uns seine Bilder einerseits dazu,
uns am opulenten farbgewaltigen Erfindungsreichtum,
mit dem er spielerisch den schönen Schein seiner
Welt inszeniert, satt zu sehen, und andererseits beunruhigen
uns die darin vermittelte subtile Grausamkeit und Abgründigkeit.
Czapla verzichtet auf plakative Schockeffekte, vielmehr
treibt er ironisch sein Spiel mit einer polarisierenden
Ästhetik und den Widersprüchen, die aus der
Überlagerung von überlieferten und zeitgenössischen
Konnotationen entstehen.
Dass phantastische Mischwesen und Tiergestalten so
zahlreich die großformatigen Szenerien und Porträts
bevölkern, ist in Zeiten des Diktats einer genormten
ewigen Jugend, in denen der Mainstream menschliche Körper
dann als ästhetisch wertet, wenn chirurgisch genau
geführte Linien und glatte Oberflächen die
Seelenlosigkeit dieser künstlichen Schönheit
überdecken, kein Zufall. Aus der allgegenwärtigen
medialen Ästhetik der Austauschbarkeit folgert
Czapla für sich die Notwendigkeit, immer wieder
auf die Darstellung von Tieren und Fabelwesen ausweichen
zu müssen, um auf den Spuren della Portas und Swifts
die Vielschichtigkeit des menschlichen Charakters ausloten
zu können. In seinem künstlerischen Prinzip
mischt er bewusst traditionelle Bildsprache mit modernen
Sehgewohnheiten, um seinen persönlichen Blick auf
den Zustand der Welt zu verdeutlichen.
In seinen aktuellen Arbeiten nimmt das klassische Porträt
die zentrale Position ein, wobei die menschlichen Akteure
aus seinem persönlichen Umfeld stammen. In ihrem
individualistischen Styling mit Tätowierungen
oder exzentrischen Frisuren verkörpern sie eine
junge, vermeintlich selbstbewusste und unangepasste
Generation, die im Kult um das eigene Äußere
die Unsicherheit des Egos zu überwinden sucht.
So scheint eine junge Frau, die sich eben ein drittes
Auge implantiert hat, prüfend in einen Spiegel
zu blicken, um darin endlich sich selbst zu erkennen.
Doch auch wenn die Menschen heute längst nicht
mehr so streng auf die äußerlichen Attribute
ihrer gesellschaftlichen Position festgelegt sein
mögen wie auf den Portraits früherer Zeiten,
bleiben sie unausweichlich auf die Conditio humana festgelegt,
deren Unwägbarkeiten niemals auszuräumen sind.
So jedenfalls könnte eine mögliche Deutung
der altmeisterlich arrangierten und hyperrealistisch
gemalten Bildkomposition Czaplas lauten, die deutlich
an die Porträtkunst seiner Vorbilder Hans
Holbein d.J., Giovanni Battista Moroni sowie Franz Gertsch
und Chuck Close angelehnt ist.
Zwar kann die aktuelle gesellschaftliche Situation
gewissermaßen als vorläufiger Ruhepunkt
in einer geschichtlichen Entwicklung gesehen werden,
die Europa aus dem Abgrund in eine nie dagewesene Phase
politischer Sicherheit, technologiebedingten Wachstums
und grenzenlosen Konsums geführt hat, aber dennoch
bleibt auch das Zeitalter der Postmoderne mit seinen
weltweiten ökonomischen Krisen und beschämenden
sozialen und ökologischen Katastrophen verlässliche
Antworten auf die zentralen existentiellen Fragen genauso
schuldig wie vorausgegangene Epochen. Eine Wunde, in
die auch Czapla feinsinnig und dennoch mit schonungsloser
bildlicher Klarheit seinen Finger legen will, wenn er
in seiner Malerei den Bogen zwischen Gegenwart und Vergangenheit
schlägt.
Dass er das künstlerische Talent und den persönlichen
Spielraum besitzt, dafür eine eigenständige,
herausfordernde Bildsprache entwickeln zu können
im Gegensatz zu den Künstlern in weniger
freiheitlichen Gesellschaften begreift er zugleich
als Chance und als Verpflichtung.
(Text: Cornelia Czapla, 2014)
Die Ausstellungseröffnung findet am Sonntag, den
4. Mai 2014 um 11 Uhr im Bürgerhaus Sulzfeld, Hauptstr.
95, statt >> Anfahrt.
Die einführenden Worte übernimmt der Karlsruher
Kunsthistoriker und Autor Dr. Rainer Metzger. Es gelten
die üblichen >>
Öffnungszeiten. Info-Telefon: 07269/78-24.
Zur Ausstellung erscheint eine Künstler-Monographie
zu Simon Czapla im renommierten Kerber-Verlag.
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